Eine Bilderbuch-Warnung

Prominent! Die integrative Wirkung von gesundem Essen – Ein Gesprächaufhänger für engagierte Vorleser und Gemüsemuffel.

Prinz Grünigitt hat alles, kriegt alles und findet grünes Essen igitt – deshalb bevorzug er Süßigkeiten. Nur Freunde oder Kontakt zu anderen Kindern, die hat er nicht. Bis zu dem Tag an dem plötzlich ein fremdes Mädchen in seinem Spielzimmer steht. Marie lässt sich nur kurz von seinem Spielkameraden, dem Affen Butz und Süßigkeiten satt beeindrucken. Bei der Vorführung seines Spielplatzes wird Grünigitts mangelnde Fitness von Marie enttarnt. Dennoch lädt Marie Grünigitt ein, zu gucken wie sie lebt.

Maries Mutter nimmt die beiden mit auf den Markt, wo Grünigitt bei einer Blindverkostung auf den „Geschmack“ gebracht wird. Wieder in Maries zu Hause angekommen werden dem Vorleser beim Mittagessen neue Essens-Incentive-Systeme vorgestellt.

Es entsteht eine wunderbar integrative Freundschaft zwischen Grünigitt und Marie deren Wirkung selbst die königlichen Eltern verwundert.

Die Darstellungsform ist auf der Ebene der Illustration überzeugend.

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Franziska Harvey arbeitet mit Detail- und abwechslungsreichen Darstellungsmitteln, und Bilderaufbauten, die das geschriebene gut wiedergeben und Platz zum Nachfragen, Weiterdenken und selbst erzählen lassen. Die Entwicklung der Befindlichkeiten der Personen ist anhand der Zeichnungen gut nachvollziehbar. Die Darstellungsweise ist modern aber der Umgebung angepasst. Die fehlenden Tiefenschärfe in den Zeichnungen ist eine gestalterische Auffälligkeit, die die Protagonisten gut inszeniert.

Unsere Tochter (4) sagt: ich finde das Buch toll. Besonders gefällt mir Butz. So einen Affen hätte ich auch gerne, nur sollte der mir mein Spielzeug bringen. Ich mag es beim Vorlesen Obst- und Gemüsesorten zu benennen: einer zeigt, ich sage den Namen und vielleicht auch wie es schmeckt.

Es verbleibt bei diesem Bilderbuch die Leistung des Interpreten das Kind jenseits von Bestechungsversuchen wirklich auf den Genuss von Obst und Gemüse einzustimmen. Und Gespräche über Geschmack und Verarbeitung der dargestellten Sorten ist durch die liebevolle Darstellung problemlos möglich.

Zwischen den Pappdeckeln werden hier die topaktuellen Themen gesunde Ernährung, Bewegungsmangel und soziale Bindungen knallhart vor einen höfisch traditionellen Hintergrund gestellt mit dem gerade die Komponente Freundschaft schwer vereinbar scheint.

Und genau da hilft der Hinweis auf die Autorin: Moderatorin des RTL-Mittagsjournals möchte mit ihren Geschichten, die Wichtigkeit von gesunder Ernährung und Bewegung vermitteln. Nach „Rundherum und hin und her -Zähneputzen ist nicht schwer“ ist „Prinz Grünigitt“ Ihr zweites Bilderbuch. Dabei prägt ihre Arbeit wohl eher ihre Erfahrungen aus „Goldene Gesundheit“ als ihr Germanistikstudium. Denn sprachlich sollte man nachsichtig sein und die Abwesenheit von Adjektiven, Metaphern und das Übermaß an wörtlicher Rede hinnehmen.

Das unterstützt meine Wertung, dass die hier zusammengequetschten Themen mittels Promibonus des Prinzen für die breite Masse interessant gemacht werden sollten. Welcher RTL Gucker will schließlich nicht hübsch, schlank und bekannt werden und träumt nebenbei vom adligen Dasein?

Mit Obst-und Gemüsemuffeln in allen Generationen meiner Familie halte ich Methoden wie Blindverkostung für mehr als fragwürdig. Über Lebensmittel zu reden halte ich für ne gute Idee. Gesprächsaufhänger kann dieses Bilderbuch mit Hilfe eines kreativen Vorlesers sein, wenn auch eher anhand der detaillierten Darstellungen als anhand des Textes.

Mir fehlt das eine oder andere „lecker“ und Adjektive zur Formulierung des Geschmacks jenseits der Beschreibung der Süßigkeiten , Dass „den Mund wässrig machen“ auf Obst und Gemüse ist zu kurz gekommen. Das Schütteln das Prinzen vor „Grünpü“ kann ich trotz aller avisierten „Gemüsepunkte“ (für das Aufessen und nicht das Probieren!!!!) vollständig nachempfinden!

„Ein paar Wochen später fährt das königliche Auto vor. Grünes Eltern sind wieder da!“ Entlockt mir als Vorleser endgültig nur Mitleid mit dem nun glücklich grinsenden, unterdessen sozial eingebundenen, so erstarkten und gesund bekehrten Prinzen. Werden nur schlanke, gemüseessende, weil bestochenen Kinder von den Eltern wieder in die Arme genommen?

Dennoch lese ich unserer Nudel- und Teewurstbrötchenqueen das Buch auf Wunsch wieder vor. Wir können ja darüber reden….

Wir würdigen das Bilderbuch für den Gesprächsaufhänger und die gelungene Illustration und Affe Butz. Thema und Illustration hätte uns sicher zum spontanen Kauf bewegt. Die Aufbereitung des Inhalt jedoch läßt uns eine Kauf-Warnung aussprechen.

Diese Rezension erschien zuerst auf buecherkinder.de

Ihr wollt auch mal blättern? Hier geht es zur Leseprobe.

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Bibliografie

Text: Katja Burkard
Illustration: Franziska Harvey
Titel: Prinz Grünigitt – eine Bilderbuchgeschichte für Obst- & Gemüsemuffel
Art: Hardcover im Format 226 x 311 mm
Umfang: 32 Seiten
Alter: ab 4 Jahre
Verlag: arsEdition, Münche
erschienen am: 3. September 2014
ISBN: 978-3760799414
Preis: 12,95€

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