Auf der Suche nach einem leckeren Steak

Die Tüpfelhyäne Kleopatra erscheint sympatisch – man möchte direkt mit ihr lostapsen. Nur in welche Geschichte, in welche soziale Lebenswirklichkeit entführt uns Kleo? Wollen wir ihr folgen?

978-3-7795-0529-7

Die Protagonistin

Hyäne Kleopatra, die einst aus dem Zoo ausgebroche Hauptdarstellerin, wirkt der Mimik nach ausgeglichen, ist aber einsam und unzufrieden. Beisst sie eher die Zähne zusammen als zu lächeln?

Sie umgibt sich mit den Dingen, die die Welt nicht brauch: Musik-Kassetten mit Bandsalat, Teile von Barbuschkas, Joysticks mit zertrenntem Kabel. Sie lebt einsam auf einer Müllhalde und träumt von einem unbekannten, fernen und heißen Land. Bis ein Junge aus der Nachbarschaft regelmäßig zu ihr kommt.

Kleopatra findet Anschluss an dessen Großfamilie und erhält Bestätigung durch deren Begeisterung für ihre Sammlung mit dem besonderen Wert.  Eine gute Wendung – zumindest bis eine speckige Weltkarte Kleopatra ihre wirkliche Bestimmung erahnen lässt…

Ein Buch von der Entspannung, vom mutig und frei sein, vom sich auf den Weg machen – aber die Geschichte endet nicht wie erwartet…

Die Darstellungen

Tobias Krejschi, Jahrgang 1980, ist als erfahrener Illustrator und Dozent für Illustration in Hamburg tätig. Seine Illustrationen schmücken auch die schönsten Bücher Deutschlands. Mit seinen detailreichen Bildern führt er hier durch die ambivalente Gefühlswelt Kleopatras.

Der Umschlag wirkt mit dem frischen Türkis fröhlich. Aber Kleopatras und das Leben des Jungen neben der Müllkippe sind bei genauerer Betrachtung für den Durchschnitts-Deutschen doch sehr trist, was in den schmuddeligen Farben der Illustrationen Ausdruck findet. Vollflächige Illustrationen auf jeder rechten Seite und jeweils ein relativ umfangreicher Textteil auf der linken Doppelseite führen durch das Buch. Man kann sich einrichten…aber Kleopatra macht sich auf: dem Licht entgegen. Die Aussage der Bilder: Zähne zusammenbeissen und los!

„Hättet ihr nicht vielleicht irgendwas,  was keiner mehr will?“ – Eigentlich haben wir nur so was“

Der Bremer Autor Will Gmehling, Vater von 2 Kindern, war lange Maler bevor er sich dem Schreiben von unterdessen 10 erschienenen Kinderbüchern widmetet. Die Titel sind mir bislang alle unbekannt und lassen nicht unbedingt einen sozialkritischen Hintergrund entdecken. Und dennoch unterstelle ich diesem Buch einen Bezug auf die Problemschwerpunkte Armut und Einsamkeit, mangelnde Anerkennung, sowie einen Hinweis auf den Wert des Besonderen, sowie der Suche nach der Bestimmung eines Charakters und seiner Möglichkeiten.

Gmehlings Text ist umfangreich, wirkt aber nicht konstruiert. Seine Sprache ist angemessen und in den Begrifflichkeiten aktuell. Wörtliche Rede nimmt im Zusammenhang von Kleopatras Alltag mit der Familie weite Teile der Handlung war. Der hohe Anteil der wörtlichen Rede steht in absoluten Gegensatz zum Aufbruch Kleopatras bei dem ihr alle Worte abhandenkommen:

„ja … mutig und frei. Genau das meine ich.“

Die Identifikation mit den Figuren fällt mir (36) schwer. Ich möchte keine stinkende Hyäne sein und nicht zu einer Grossfamilie im Wohnwagen neben der Müllkippe gehören – auch wenn die Darstellungen im Buch keinesfalls diskriminierend oder verletzend sind.

Mit dem „Aufmachen“ jedoch hab ich meine Erfahrungen. Und so regt mich persönlich die Geschichte zum Weiterspinnen bis in ferne Länder an. Als grundsätzlicher Optimist schätze ich die Schlussfolgerung des Buches: mach Dich auf, wag etwas jenseits deines Horizontes. Darauf stützt sich meine „gute“ Wertung des Buches.

Meine Tochter (5) dagegen hegt Sympathien für die Hyäne und ihre kuriose Sammlung. Sie findet das Buch „gut“. Die ausgiebige Geschichte an sich erscheint ihr unterhaltsam – nackte Kinderfüße hin oder her.

Der Papa (39) findet das Buch blöd. Er möchte sich beim Vorlesen keine Gedanken zu vermeintlichen Hintergründen machen. Meine Einschätzung zu den Zusammenhängen hinterfragt er: „Sind nicht alle Märchen sozialkritisch?“

Unsere Wertung

Ein solches Kinderbuch hab ich noch nicht gesehen. Für alle „Genau-Hingucker und -Leser“, die sich die Mühe machen wollen es zu analysieren und sich Gedanken darüber machen, was der Autor ihnen damit sage wollte, ein hoch politisches und sozialkritisches Buch mit hohem Aktualitätsbezug. Für alle anderen eine Geschichte ohne das erwartete Ende. So gibt unsere Wertung auch genau diesen Zwiespalt wieder:

Wir geben „Kleopatra“ als Familienwertung (4 von Tochter, 4 von Mama und 1 Stern von Papa) gute 3 von 5 möglichen Bewertungs-Sternen.

Diese Rezension erschien zuerst auf buecherkinder.de

Ihr wollt Euch selbst ein Bild machen? Hier geht es zur Leseprobe.

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Bibliografie

Text: Will Gmehling
Illustration: Tobias Krejtschi
Titel: Kleopatra
Art: Hardcover im Format 222 x 325 mm
Umfang: 32 Seiten
Alter: ab 4 Jahre
Verlag: Peter Hammer Verlag, Wuppertal
erschienen am: 13. Juli 2015
ISBN: 978-3779505297
Preis: 15,90.€

 

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